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Fontanes Fahrten durch die Stadt

Wenn Fontane zwischen 1874 und 1880 die Stadt Brandenburg vom Bahnhof bis nach Margarethenhof durchfuhr, dann konnte er das Wachsen und Verändern der Stadt deutlich miterleben. Die Zahl der Einwohner in Brandenburg wuchs in den sechs Jahren von 27.000 auf fast 30.000. Von Jahr zu Jahr nahm die Zahl der Häuser in der Großen und Kleinen Gartenstraße, in der Bahnhofstraße und in der Werderstraße zu. Der Güterbahnhof wuchs, weil immer mehr Waren von hier in die ganze Welt verschickt wurden. In der Schützenstraße fuhr Fontane am 1862 eröffneten Gaswerk vorbei. Dieser laute, schmutzige und unangenehm riechende Betrieb stieß auf Fontanes Unbehagen. Auch die gegenüber liegenden heruntergekommenen niedrigen Wohnbaracken – Bendels Buden – machten keinen guten Eindruck. Fontane erlebte über die Jahre, wie die alten leerrstehenden Industriebauten der Seidenfabrik Meyer in der Schützenstraße abgerissen und durch Neubauten ersetzt wurden. Interesse dürften bei Fontane die Reitplätze der Kürassiere erregt haben. Sie lässt er in den folgenden Jahren in seinen Romanen einfließen.

Auch in der St. Annenstraße konnte er das langsame Verschwinden von kleinen zweistöckigen Fachwerkhäusern und das Entstehen von dreistöckigen Gründerzeithäusern erleben. Am Neustädtischen Rathaus herrschte reger Verkehr. Soldaten, städtische Angestellte, Dienstmänner, Markttreiben und Bürger auf dem Weg zum Rathaus überquerten den Platz. In der Hauptstraße hatten Kaufleute erste Geschäfte in den untersten Etagen ihrer Häuser eingerichtet. Langsam wandelte sich das Bild. Die Menschen und die Händler gingen weniger zum Markt, dafür nun in die entstehenden Ladengeschäfte.

Die Lange Brücke über die Havel war eine Klappbrücke, die häufig wegen des starken Schiffsverkehrs aufgezogen sein musste. In den Wartezeiten vor der Brücke konnte Fontane von hier zur St. Gotthardtkirche, zum Dom und zur St. Johanniskirche sehen. Am Hafen der Altstadt – am Salzhof – standen alte Kaffenkähne und schon modernere Finowmaßkähne. Dahinter flanierten Bürger zum Humboldthain, Schüler hasteten zur Saldernschen Realschule. Allerdings sah und roch Fontane auch die Lederfabrik Spitta, ein Industriebau, der ihm nicht sonderlich zusagte.

Nach dem Ende der Ritterstraße, in der Plauer Straße, befand sich inmitten von niedrigen barocken Bürgerhäusern die Weinhandlung meines Onkels Friedrich Wilhelm Wiesike. Hinter dem Plauer Torturm endete die Stadt. Rechts und links vor den Stadtmauern lagen der Wall und der Humboldthain – idyllische städtische Grünanlagen.

Am Nikolaiplatz lag die Strafanstalt, zu Fontanes Zeit mit etwa 700 Gefangenen belegt. Rechts davon lag der Marienberg. Fontane hat ihn mehrmals genannt – als Heiligtum der Wenden und als Standort der ersten christlichen Kirche in der Mark. Aber Fontane konnte auch das Entstehen des Kriegerdenkmals auf seiner Kuppe miterleben. Der Bau begann 1874 und endete 1880. Das Denkmal erinnerte an die fast 3.500 Toten der drei Einigungskriege 1864, 1866 und 1870/71. Über all diese Kriege hatte Fontane sieben Bücher mit mehr als 3.000 Seiten Text geschrieben.

Vorbei ging der Weg an Scheunen der Ackerbürger, an der Nikolaikirche mit seinem Friedhof und an Reitplätzen der Brandenburger Kürassiere. Links an der Magdeburger Straße konnte Fontane das 1860 errichtete Garnisonslazarett sehen und konnte ab 1877 den Aufbau der großen Kasernenanlagen für das Füsilier- und das Kürassier-Regiment miterleben. Rechts und links des Weges lagen ausgedehnte Ackerflächen, nur unterbrochen durch den ab 1880 errichteten Neuen Altstädtischen Friedhof und das Vorwerk Wilhelmshof. Fontane konnte weit im Süden des Weges die Kirche, die Häuser von Neuendorf und die alten Schießplätze der Garnison sehen, bevor für eine kurze Strecke der Blick auf den Quenzsee frei wurde. Durch die Ausläufer des Altstädtischen Forstes ging es vorbei an den Gütern des Vorwerkes Plauerhof zur Villa Margarethenhof. Nach einer Fahrt von eineinhalb Stunden war das Ziel erreicht. Fontane bezeichnete das Gutshaus später etwas spöttisch „eher als eine Lehmkate“. Carl Ferdinand Wiesike begrüßte seine Gast und manchmal auch die mitgereiste Ehefrau Emilie jedesmal auf das Herzlichste. Von dem 1880 verstorbenen Wiesike schrieb Fontane in seinem Nachruf: „Nie bin ich von ihm fortgegangen, ohne mich an seiner Havel, an seinem Wein und, um das Beste nicht zu vergessen, an ihm selbst erholt zu haben.“

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