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Fontane - Brandenburger Geschichten

Gestatten, mein Name ist Wiesike – Johannes Wiesike – geboren 1823 in Brandenburg. Ich bin einer aus der Familie, mit denen Theodor Fontane in der Stadt Brandenburg zu verkehren pflegte. Mein Großvater, Jacob Justus Wiesike, kam 1787 nach Brandenburg und gründete eine Weinhandlung in der Plauer Straße. Ihm wurden drei Söhne geboren. Carl Ferdinand, mein Onkel, erblickte am 24. Dezember 1798 das Licht der Welt. Er übernahm 1823 das Gut Plauerhof, betrieb Landwirtschaft und eine Ziegelei. Auf seinem ab 1828 errichteten Landhaus Margarethenhof bei Plaue war Fontane mehrmals zu Gast, um bei gutem Wein und in freier Natur über Plauer Geschichte, Schopenhauer und Homöopathie zu philosophieren. Mein zweiter Onkel, Friedrich Wilhelm Wiesike, erhielt die väterliche Weinhandlung in der Plauer Straße und führte diese zu guter Blüte. Anders mein Vater, Jacob Justus Wiesike. Er übernahm 1816 die Druckerei in der Kurstraße und erweiterte sie um einen Verlag. Nun führe ich den Verlag seit einigen Jahrzehnten erfolgreich, und auch mein Sohn Hermann soll einmal in meine Fußstapfen treten.

In den Briefverkehr mit Fontane selbst trat ich, weil der Meister mich bat, Literatur und Wichtiges über die Stadt ihm zu übermitteln. Dabei erfuhr ich so manches, das ich dem geneigten Publikum nun nahebringen möchte.

"Zwischen Hochmut und Demut steht ein drittes, dem das Leben gehört, und das ist der Mut."

Theodor Fontane

Fontane und Brandenburger Persönlichkeiten

Zu mehreren Brandenburger Persönlichkeiten hatte Fontane stets eine besondere Beziehung. Den in Brandenburg regierenden Wenden-Fürst Pribislav beschreibt er in seinem Band „Havelland“ der „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Ebenso die hier ab dem 12. Jahrhundert ansässigen Prämonstratenser und ihre Bischöfe. Ihnen hat er 1864 ein Essay gewidmet.

Im Band „Fünf Schlösser“ bezieht sich Fontane auf den im 15. Jahrhundert in Brandenburg ansässigen Dichter Nikolaus Upslacht. Über den Brandenburger Domherren und General Heinrich August de la Motte Fouque schrieb Fontane 1864 einen Aufsatz. Auch der Enkel des Generals, der romantische Schriftsteller Friedrich de la Motte Foque wird von Fontane beschrieben. Dem Brandenburger Offizier und Schriftsteller Julius von Voss widmete Fontane eine „märkische Biographie“. In seinem 1898 erschienenen Werk „Von zwanzig bis dreißig“ wird auch der Brandenburger Stadtkommandant und General der Befreiungskriege Karl Friedrich von Hirschfeld erwähnt.

Mit dem Maler Theodor Hosemann war Fontane über Jahre in der Berliner Künstlervereinigung „Tunnel über der Spree“ verbunden. Hosemann war ab 1857 auch Herausgeber der Schrift „Argo. Album für Kunst und Dichtung“ in dem Fontane gelegentlich mitarbeitete.

Der Brandenburger Maler und Bildhauer August Wredow traf mit Fontane in der Berliner Akademie der Künste zusammen. Die Schriftstellerin Berta Itzerott stand ab 1884 mit Fontane in brieflichem Kontakt. Für seine Werke nutzte Fontane die Jahresberichte des Historischen Vereins und auch die Schriften des Brandenburger Historikers Moritz Wilhelm Heffter.

Carl Ferdinand Wiesike

Carl Ferdinand Wiesike (1798-1880) eilte der Ruf voraus, alles über den damaligen Modephilosophen Artur Schopenhauer zu wissen und vieles von ihm persönlich zu besitzen. Davon hörte auch Theodor Fontane in Berlin, der im Winter 1873 als regelmäßiger Teilnehmer von Schopenhauer-Abenden im Freundeskreis „viel Anregung dadurch empfangen“ hatte.

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Heinrich August de la Motte Fouqué

Wie auch Fontane eine Hugenottenspross kam Heinrich August als Refugié nach Brandenburg, zunächst ging es mit dem Alten Dessauer gegen die Schweden in Vorpommern, dann an den Hof des Kronprinzen Friedrich nach Rheinsberg.

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Carl Ferdinand Wiesike

Carl Ferdinand Wiesike (1798-1880) eilte der Ruf voraus, alles über den damaligen Modephilosophen Artur Schopenhauer zu wissen und vieles von ihm persönlich zu besitzen. Davon hörte auch Theodor Fontane in Berlin, der im Winter 1873 als regelmäßiger Teilnehmer von Schopenhauer-Abenden im Freundeskreis „viel Anregung dadurch empfangen“ hatte.

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Willibald Alexis

„Eines Tages …begegneten wir .. einem Herrn im jagdgrünen Rock und Gebirgshut. Er war kaum mittelgroß,.. die Augen dunkel, aber von einem freundlichen Glanz“, schreibt Fontane aus seiner Jugend in Swinemünde und weiter „der erste Dichter, den ich sah.“

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Eberhard von Rochow

Nach den Kapiteln über Kloster Lehnin hatte Fontane im Frühjahr 1864 noch 2 Monate Zeit, in denen er sich der Geschichten der Familie von Rochow widmen wollte, die nahe Brandenburg große Ländereien und Güter besaß: „Mein Hauptaugenmerk gedenke ich auf… Eberhard v.Rochow (den Kinderfreund-Rochow) zu richten.“

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Johann von Quitzow

Als am 26.2.1414 die sturmreif geschossene Quitzow-Burg Plaue dem Hohenzollern-Burggrafen Friedrich und dem Erzbischof von Magdeburg in die Hände fiel, wurde der Burgherr gefangen und in der Plauer Pfarrkirche eingesperrt.

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"Ein Optimist ist ein Mensch, der ein Dutzend Austern bestellt, in der Hoffnung, sie mit der Perle, die er darin findet, bezahlen zu können."

Theodor Fontane

Fontanes Fahrten durch die Stadt

Wenn Fontane zwischen 1874 und 1880 die Stadt Brandenburg vom Bahnhof bis nach Margarethenhof durchfuhr, dann konnte er das Wachsen und Verändern der Stadt deutlich miterleben. Die Zahl der Einwohner in Brandenburg wuchs in den sechs Jahren von 27.000 auf fast 30.000. Von Jahr zu Jahr nahm die Zahl der Häuser in der Großen und Kleinen Gartenstraße, in der Bahnhofstraße und in der Werderstraße zu. Der Güterbahnhof wuchs, weil immer mehr Waren von hier in die ganze Welt verschickt wurden. In der Schützenstraße fuhr Fontane am 1862 eröffneten Gaswerk vorbei. Dieser laute, schmutzige und unangenehm riechende Betrieb stieß auf Fontanes Unbehagen. Auch die gegenüber liegenden heruntergekommenen niedrigen Wohnbaracken – Bendels Buden – machten keinen guten Eindruck. Fontane erlebte über die Jahre, wie die alten leerrstehenden Industriebauten der Seidenfabrik Meyer in der Schützenstraße abgerissen und durch Neubauten ersetzt wurden. Interesse dürften bei Fontane die Reitplätze der Kürassiere erregt haben. Sie lässt er in den folgenden Jahren in seinen Romanen einfließen.

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Auszüge aus Fontanes Notizbüchern

Theodor Fontane hat bei den Recherchen für seinen Band „Fünf Schlösser“ Plaue mehrfach besucht und sich dabei viele Notizen gemacht. Diese sind in seinem Notizbuch A16 erhalten und für die Darstellung des Fontane´schen Wirkens in Plaue ausgewertet worden. Dabei stießen wir auf bisher nicht bekannte Skizzen und Aussagen über Plaue. Im Wesentlichen hat Fontane vier Objekte in seinem Plaue-Kapitel und in seinem Notizbuch behandelt.

Die Skizzen Fontanes zum Schloss Plaue zeigen zum einen die Ansicht vom gegenüberliegenden Ufer (vom Gut Wiesike) aus, zum anderen die Konfiguration des Ehrenhofes. Die Uferansicht verdeutlicht die damals vorhandene durchlaufende Pergola. Zum Lageplan vermerkt Fontane die Positionen der gerade beschnittenen Lindenbäume an jeder Seite. 6 an der Schmalseite. Dann fällt die Hügelerhebung ab und führt in den Park.

Die Front besteht wieder aus einem nur dreifenstrigen, risalitartig vorspringenden Mittelbau, an den sich nach rechts und links zwei etwas niedrigere Flügel von je 6 Fenster Breite anlehnen. Ein Bau, wie sie damals ziemlich stereotyp als Mansion houses [Herrenhäuser] hierlandes gebaut wurden.

Fontane hat sich in seinem Notizbuch mit den verschiedenen Bauphasen der Plauer Kirche befasst und verweist auf die Malereien: Der alte Theil war mutmaßlich eine romanische Kapelle. So vielleicht 1270. Dann kam der Anbau der alles gotisch machte. So vielleicht 1370 oder auch 1470.

Den Weg zu Haus und Park Wiesike hatte Fontane so skizziert: …,Esche, junge Eiche, Ahorn, Platane. Dazu…..Gebüsch aller Art. Man fährt in eine kleine Linden– und Nußbaumallee hinein und hält vor dem Giebel des Hauses.

Theodor Fontane: Notizbuch A16 (Transkriptionsansicht). Hrsg. von Gabriele Radecke. In: Theodor Fontane: Notizbücher. Digitale genetisch-kritische und kommentierte Edition. Hrsg. von Gabriele Radecke, Blatt [A16-020, A16-021, A16-029, A16-032, A16-046]. https://fontane-nb.dariah.eu/index.html, abgerufen am [29.11.2018]

"Aus der Ferne diesen Wunsch: Glückliche Sterne und guten Punsch."

Theodor Fontane

… aber warum hat er nie ausgiebig über die Stadt Brandenburg geschrieben?

Obwohl Fontane doch sehr an Geschichte und Kultur der Mark interessiert war, hat er die Stadt Brandenburg nie ausführlich beschrieben. Aber er hat wohl mehrere Anläufe gemacht. Im Mai 1864 hatte er an seinen Verleger und Mitwanderer Wilhelm Hertz geschrieben: „Ich reise in etwa 10 bis 12 Tagen. Wenn Sie mich doch ein bischen begleiten wollten! Brandenburg, Rathenow, Nennhausen (Fouque) und einige andere havelländische Sitze.“ Doch dann kamen die Berichterstattung und das Buch über den Deutsch-Dänischen Krieg dazwischen. Trotzdem hat er immer Material über Brandenburg gesammelt … und auch einiges geschrieben – über die Wenden, über Pribislav, über den Dom, über Fouque, über Voß, über die Havel, über den Marienberg, … Er war mindestens acht Mal zwischen 1874 und 1880 bei seinen Besuchen bei meinem Onkel Carl Ferdinand Wiesike in der Stadt. Aber ein richtiges Buch über Brandenburg ist nicht dabei herausgekommen.

Erst im Juli 1888 schrieb mir Fontane: „Empfangen Sie meinen ergebensten Dank für Brief und Buchsendung, womit Sie mich geehrt und erfreut haben. Den Wegweiser durch Brandenburg werde ich mit ins Gebirge nehmen und mußevoll lesen, denn so viel ich mich mit Einzelpartien unserer Mark beschäftigt habe, zu einem auch nur leidlich gründlichen Studium der einst wichtigsten Stadt des Landes bin ich nie gekommen. Ich weiß im Voraus, daß ich nicht nur Belehrung sondern auch Freude von diesem Studium haben werde. Mit der Bitte, mich ihrem Vater wie auch bei Gelegenheit, den Plauerhöfer Herrschaften angelegenlichst empfehlen zu wollen, in vorzügl. Ergebenheit.“

Und warum hat er die Stadt nicht umfangreicher beschrieben? …

Eigentlich sollten die „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ 20 Bände stark sein. Doch nur fünf Bände hat Fontane tatsächlich ausgeführt. Das „Havelland“ von 1872 sollte noch einen zweiten Band erhalten. Dann wäre wohl auch Brandenburg ausführlich beschrieben worden. Noch im Januar 1883 schrieb Fontane an W. Friedrich: „Mein Metier besteht bis in alle Ewigkeit hinein, >märkische Wanderungen< zu schreiben.“ Doch auch im 1889 erschienenen Band 5 der „Wanderungen“ „Fünf Schlösser“ hat Fontane zwar Plaue und die „Raubritterzeit“ beschrieben, aber die Stadt Brandenburg ist wieder nur am Rande genannt. Auf eine gründliche Behandlung der Stadt hat Fontane erneut verzichtet. Nach den ersten „Wanderungen“ kamen die Bücher über den Deutsch-Französischen Krieg, dann kam seine Zeit als Romanschriftsteller. Und nun mit über 70 Lebensjahren ist’s mit dem Wandern auch vorbei.  

Fontane wanderte lieber in ländlichen Regionen, „am liebsten ohne vorgeschriebene Marschroute“ und „ganz nach Lust und Laune“, er liebte die Ruhe und Beschaulichkeit. Die Stadt Brandenburg war aber ab 1870 eine laute und nicht immer schöne Industriestadt. Fontanes Leser waren hauptsächlich die Berliner Bürger. Die wollten in ihrer wenigen freien Zeit über interessante und beschauliche Orte lesen und diese vielleicht zur Erholung besuchen.

Mit dem Aufstreben der Industrie wollten die Bürger aus den Städten raus aufs Land. Mit seinen Geschichten über die ländlichen Teile der Mark wollte Fontane wohl auch eine Lücke bei dem Geschriebenen besetzen. Die größeren Städte waren schlecht zu erwandern – zu laut, zu schmutzig und zu unruhig. Fontane konnte dem modernen Fortschritt mit Maschinen, Lärm und Schmutz selbst nicht viel abgewinnen.

Auch schrieb er ungern über „ausufernde“ Themen. Er liebte die überschaubaren und abgeschlossenen Inhalte, zumal er eher Geschichten als Geschichte liebte. Fontane war schließlich Reiseschriftsteller und kein Geschichtsforscher. Er scheute sich vor dem intensiven Studium von Akten und Dokumenten. Bei einer halbwegs umfassenden Geschichtsbeschreibung von Brandenburg wäre diese uferlos geworden. Als Schriftsteller bekommt man vom Verleger den geschriebenen Text und nicht die Zeit der Nachforschung bezahlt. Fontane musste wohl auch schnell fertige Texte liefern, ohne lange Forschungen betreiben zu müssen. Seine Familie wollte ernährt sein. Auch wollten seine Verleger und Leser keine Ansammlung von Fakten lesen, sondern Reiseempfehlungen und „Geschichtchen“. Gern las der gebildete und gutsituierte Berliner Bürger Geschichten über den märkischen Adel, mit dem er sich nun langsam auf einer Stufe fühlte.

Bei den Vorarbeiten zu seinen Werken verband Fontane oft das Schöne mit dem Nützlichen. Gern ließ er sich von örtlichen Honoratioren einladen und bewirten und erfuhr bei angeregten Gesprächen, gutem Essen und Wein interessante Geschichten, die er aufschreiben konnte. Vielleicht war Fontane gelegentlich auch ein wenig bequem zum Nachforschen. Auch haben gelegentliche Anfälle von schwerem Gemüt zeitweilig sein Schreiben beeinflusst.

Als Fontane merkte, dass die Leser gern seine Romane lasen, wandte er sich diesen zu, nutzte aber viele Eindrücke aus seinen Wanderungen und ließ sie in seine Romanhandlungen einfließen.

Darin liegen wohl die Gründe dafür, dass die Stadt Brandenburg nicht der Ehre teilhaftig geworden ist, von Fontane umfangreich beschrieben worden zu sein. Dieses Glück hatte nur das kleine Nachbarstädtchen Plaue und das Kloster Lehnin.

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